Erst Hilfe im Notfall
Eine fachgerechte Erstver-sorgung durch den Tierhalter bis zum Transport in die tierärzt-liche Praxis oder Eintreffen des Tierarztes kann entscheidend dazu beitragen, dass Notfälle wie Verletzungen, Vergiftungen, Verbrennungen, Unterkühlung oder Überhitzung für den Hund glimpflich abgehen.
Um im Ernstfall richtig handeln zu können, lassen Sie sich die Maßnahmen, die Sie im Einzelfall ergreifen können, von Ihrem Tierarzt zeigen oder besuchen Sie einen Erste Hilfe-Kurs, der von vielen Tierarztpraxen angeboten wird.
Abweichungen von der Normalität können Sie selbst einschätzen, wenn Sie mit einigen Kriterien vertraut sind, die beim Hund zur Beurteilung des Gesundheitszustandes herangezogen werden. Dazu gehören:
- Körpertemperatur
Die Normalwerte liegen beim Hund zwischen 37,5° und 39° C. Bei starker Aufregung oder Überanstrengung steigt die Körpertemperatur, ohne dass eine Erkrankung vorliegt.
- Schleimhäute
Lidbindehäute und Mundschleimhaut sind beim gesunden Hund rosa. Bei starker Blutung bzw. Blutarmut sieht die Schleimhaut porzellanfarben aus.
- Puls und Herzschlag
Der Herzschlag ist an der linken seitlichen Brustwand fühlbar, der Puls in der Mitte der Oberschenkelinnenseite.
Normalwert: 80 – 120 Schläge pro Minute.
- Atmung
Sichtbar am Heben und Senken des Rumpfes.
Normalwert: 10 – 30 Atemzüge pro Minute.
- Pupillen- u. Lidreflex
Bei plötzlichem Lichteinfall verengt sich die Pupille. Bei leichter Berührung des Auges erfolgt ein sofortiger Lidschluss.
- Stuhlgang
In Abhängigkeit von der Fütterung sollte der Kot braun bis dunkelbraun und fest geformt sein.
Die wichtigsten Regeln für den Notfall:
- Ruhe bewahren
Nur so können Sie richtig entscheiden und handeln. Bedenken Sie immer, dass sich Ihre Ruhe auch auf den Hund überträgt.
- Telefonnummer des Tierarztes parat halten
Lernen Sie sie auswendig oder halten Sie sie immer griffbereit – nicht nur am häuslichen Telefonapparat, auch im Erste-Hilfe-Koffer Ihres Autos.
- Tierarzt verständigen
Kündigen Sie den Notfall bei Ihrem Tierarzt an, damit dieser bis zu Ihrem Eintreffen eventuell nötige Vorbereitungen treffen kann. Er wird gegebenenfalls auch individuelle Hinweise zum Transport geben.
- Schnauzenband, Maulkorb anlegen
Dies ist eine Maßnahme zu Ihrer eigenen Sicherheit, die Sie vor einer eingehenden Untersuchung und vor Transportmanipulationen ergreifen sollten. Verletzte oder unter Schock stehende Hunde können unkontrolliert zubeißen.
Erste Hilfe-Maßnahmen
Vergiftung
Bei Vergiftungsverdacht müssen Temperatur, Schleimhäute, Puls und Pupillenreaktion überprüft werden. Haben Sie den Hund beim Fressen einer giftigen Substanz erwischt, sollten Sie folgende Informationen erfassen:
- Was wurde gefressen
- Wie viel wurde gefressen
- Wann wurde die Substanz gefressen
Nehmen Sie vorhandene Reste zum Tierarzt mit. Dies gilt auch dann, wenn der Hund nur mit der Haut oder über die Atemwege Giftkontakt hatte.
Hat der Hund ohne Ihr Wissen Gift aufgenommen, können Sie nur durch sein verändertes Verhalten aufmerksam werden. Je nach Giftart und –menge können folgende Symptome auftreten:
- starkes Speicheln
- Erbrechen
- schwankender Gang
- Durchfall
- Kreislaufversagen (Zusammenbruch)
Wichtig bei Vergiftungen: Den Hund nur unter tierärztlicher Anweisung zum Erbrechen bringen (besonders bei ätzenden Lösungen). Bei Augenreizungen und Hautverätzungen nur mit Wasser spülen und dann abdecken bis zur Versorgung durch den Tierarzt.
Hitzschlag
Kreislaufversagen infolge Überhitzung. Besonders gefährdet sind kurzhaarige Ras-
sen. Der Temperaturausgleich durch Hecheln reicht nicht mehr aus. Die Körper-
temperatur steigt durch den Hitzestau bis auf 42 ° C an.
Symptome:
- schnelles Hecheln
- rasender Herzschlag
- Mattigkeit
- evtl. Krämpfe, Bewusstlosigkeit
Hund sofort in den Schatten bringen und langsam abkühlen (nasse Tücher, fließ-
endes Wasser). Immer an den Pfoten beginnen und langsam in Richtung Herz
ausdehnen.
Niemals das ganze Tier mit Wasser überschütten (kann Schock auslösen).
Magendrehung
Der Magen dreht sich um seine Längsachse, sodass Speiseröhre und Zwölffingerdarm verschlossen werden. Dadurch bläht sich der Magen rasch mit Gasen auf, drückt gegen das Zwerchfell und behindert das Herz. Es besteht akute Lebensgefahr!
Symptome:
- schnelles Aufblähen des Bauches
- Brechversuche ohne Entleerung von Mageninhalt
- Atembeschwerden
- Herz-Kreislauf-Versagen
Bei geringstem Verdacht umgehend den Tierarzt verständigen und den Hund ohne Zeitverlust in die Praxis transportieren. In dieser Notfallsituation ist Schnelligkeit lebensrettend. Ist der Hund erst einmal bewusstlos, sind die Überlebenschancen gering.
Insektenstiche
Beobachten Sie nach einem Insektenstich starken Speichelfluss, Anschwellungen, Atembeschwerden, suchen Sie sofort einen Tierarzt auf.
Die Notfallapotheke
Medikamente:
- Vaseline (Einfetten des Thermometers, Schutz der Sohlenballen im Winter, Liegeschwielen)
- desinfizierende Wundsalbe vom Tierarzt
- kühlende Salbe gegen Insektenstiche
- Wunddesinfektionsmittel (milde antiseptische Lösung und Wasserstoffsuperoxid 3%)
- sterile Kochsalzlösung (Spülflüssigkeit für Hautwunden und bei Fremdkörperim Auge)
- Salben-Wundspray
- Calcium-Trinkampullen (ausschließlich bei nachgewiesener Insektenallergie)
- medizinisches Paraffinöl (zum Einflößen ins Maul, um harten Kot aufzuweichen)
Verbandsmaterial:
- Mullbinden, 6 und 10 cm
- Elastische Binden, 6 und 10 cm
- Haftstützbinden, 7,5 und 10 cm
- Kompressen, steril und unsteril
- Verbandwatte
- Pflasterrollen
Sonstiges:
- Verbandsschere
- kleine gebogene Schere
- spitze und abgerundete Pinzette
- digitales Thermometer
- Einmal-Rasierer
- Einmalspritzen
- Zeckenzange
- Wattestäbchen
- Mundspatel
- passender Maulkorb aus Nylon
Die Reiseapotheke
Die Reiseapotheke muss im Bedarfsfall neben der Notfall-Ausrüstung weitere Medikamente enthalten, die der Tierarzt für seine Patienten individuell zusammenstellt.
Bei Reisen in südliche Länder müssen zusätzliche Insektenschutzmittel enthalten sein (Infektionsschutz).
Foto: Jöhnssen/bpt