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Aktivprogramm für Kaninchen

So füttern Sie artgerecht und fördern die Bewegungsfreude Ihrer Kaninchen

© Sturm / pixelio.de

Übergewicht spielt bei den wilden Verwandten unserer Hauskaninchen keine Rolle. Als Beutetiere für Jäger zu Lande und aus der Luft sind sie meist "auf der Flucht". Selbst während der Nahrungssuche und –aufnahme sind sie ständig in Bewegung. Schutz und Quartier bieten ihnen aufwändig angelegte Tunnel- und Höhlensysteme, die regelmäßig erweitert werden. Kaninchen stammen ursprünglich aus kargen Gegenden mit nur spärlicher, qualitativ minderwertiger Pflanzenwelt.
Energiereiches Futter ist dort eine Seltenheit. Ihr Verdauungssystem ist deshalb so angelegt, dass aus rohfaserreichem Futter der maximale Nährwert erzielt werden kann.

Hauskaninchen dagegen erhalten häufig zu viel vom falschen Futter. Handelsübliche Pellets und bunte Mischfutter sind häufig rohfaserarm und haben einen zu hohen Energiegehalt und Nährwert. Zucker- und stärkehaltige Anteile werden bevorzugt aufgenommen. Das verhindert den notwendigen Zahnabrieb, stört die Verdauung und führt auch zu Vitaminmangel. Falsches Futter hat aber nicht nur Auswirkungen auf Zähne, Verdauung und Körpergewicht, sondern auch auf das Verhalten der Tiere. Kaninchen, die hauptsächlich Kraftfutter bekommen und entsprechend wenig Zeit für die Nahrungsaufnahme benötigen, neigen zu Verhaltensstörungen und erhöhter Aggressivität.

Was Hauskaninchen brauchen

Kaninchen brauchen frische, ungespritzte Gräser und Kräuter. Heu aus verschiedenen Gras- und Kräuterarten sollte täglich frisch in der Raufe angeboten werden. Löwenzahn ist eine willkommene Delikatesse genau wie Möhren mitsamt Grün. Täglich frisches Wasser darf dabei nicht fehlen! Obst und getrocknetes Brot sind sehr zuckerhaltig und sollten nur in kleinsten Mengen und zu besonderen Anlässen (z. B. beim Einüben kleiner Tricks) gegeben werden. Getrocknete und frische, ungespritzte Obstbaumzweige sind dagegen eine gesunde Bereicherung des Speiseplans.

Wenn Sie Ihrem Kaninchen ein gesünderes Leben gönnen wollen, dann stellen Sie aber bitte das Futter nicht radikal um. Besonders an frisches Grün muss sich der Darm erst langsam gewöhnen. Reduzieren Sie die Menge des Körnerfutters allmählich.

Nicht nur falsches und zu viel Futter führt zu Übergewicht, sondern ebenso Bewegungsmangel, unter dem viele unserer Hauskaninchen leiden. Die Folgen sind deformierte Knochen und Muskelschäden.

  • Optimal für die artgemäße Bewegung ist ein großes Gehege im Garten mit festen wetterbeständigen Häusern und Grabmöglichkeiten, ganz wie im richtigen Kaninchenleben. Es versteht sich von selbst, dass ein solcher Auslauf ausbruchsicher und vor Feinden, wie Nachbars Hund oder Katze und vor Greifvögeln geschützt sein muss. Mit Tonröhren, Baumstämmen, Ästen und Heuraufen können Sie eine richtige Kaninchenlandschaft gestalten.

  • Kaninchen brauchen zum Wohlfühlen und für die gegenseitige Körperpflege die Gesellschaft mindestens eines weiteren Kaninchens, auf keinen Fall aber ein Meerschweinchen.

  • Natürlich kann nicht jeder seine Kaninchen im eigenen Garten halten, aber auch für Wohnungskaninchen gibt es viele Beschäftigungs- und Bewegungsmöglichkeiten. Voraussetzung ist ein entsprechend großer Käfig, in dem die Kaninchen mindestens drei Hoppelsprünge machen können. Die Käfighöhe sollte eine zweite Aufenthaltsebene und das Sitzen auf den Hinterbeinen erlauben.

  • Im Käfig gehaltene Tiere brauchen mindestens einmal am Tag ausgiebigen Freilauf – natürlich unter Ihrer Aufsicht, da sie nicht nur Ihre Wohnungseinrichtung beschädigen, sondern sich auch selbst in hohem Maße Schaden zufügen können (z. B. Teppich fressen, Elektrokabel anknabbern).

  • Auch Wohnungskaninchen sollten die Möglichkeit zum Graben haben (hohe Kiste mit Sand und Heu) und sich auch mal von dem Partner zurückziehen können (kleine Holzhäuser, Pappkartons, Röhren).

  • Spielzeug, bevorzugt solches von Katzen, kann für Kaninchen, die von klein auf daran gewöhnt wurden, sehr attraktiv sein und Abwechslung in den Tagesablauf bringen.

  • Hängen Sie Futter, z.B. Möhrengrün, an der Käfigdecke auf, damit sich Ihr Kaninchen, wenn es fressen möchte, im wahrsten Sinne des Wortes nach der Decke strecken muss oder verstecken Sie die Möhren bzw. das Heu in Haushalts- oder Toilettenpapierrollen.

  • Sie können in Ihrer Wohnung auch einen kleinen Hindernisparcours aufbauen und Ihrem Kaninchen beibringen, durch Röhren zu laufen oder niedrige Hindernisse zu überwinden. Bitte beachten Sie aber, dass Kaninchen keine geborenen Hochspringer sind, sondern sich hoppelnd durchs Leben bewegen. Nur in äußersten Notfällen - auf der Flucht oder wenn sie in Panik geraten - sind sie zu spektakulären Sprüngen fähig, wobei sie sich nicht selten bei der Landung erheblich verletzen. Junge Kaninchen kann man mit behutsamem, wohldosiertem Training gut zu kleinen sportlichen Übungen animieren. Erwachsene, bisher nur im Käfig gehaltene Kaninchen eignen sich nicht für sportliche Leistungen, da ihre Knochen und Muskeln nicht ausreichend belastbar sind.

  • Eine weitere Möglichkeit, Ihrem Kaninchen Bewegung zu verschaffen, ist das vorsichtige Gewöhnen an Geschirr und Leine für kurze gemeinsame Spaziergänge, bei denen aber immer Ihr Kaninchen die Richtung bestimmen sollte.

  • Sie können Ihrem Kaninchen auch kleine Tricks beibringen wie z. B. "Männchen machen" oder auf Kommando in eine Transportbox laufen (sehr nützlich für Tierarztbesuche). Wichtig ist, das gewünschte Verhalten, wenn es von allein gezeigt wird, mit einem entsprechenden Kommando und einer sofortigen Belohnung (z. B. winziges Apfelstückchen) zu kombinieren. Halten Sie ihm den kleinen Leckerbissen über den Kopf, sodass es sich aufrichten muss, um ihn zu erreichen. Im gleichen Moment sagen Sie z. B. "Sitz" und geben die Belohnung. Diese Übung müssen Sie dann oft genug wiederholen, damit Ihr Kaninchen lernen kann, was das Wort "Sitz" bedeutet.



Foto: Sturm/pixelio.de

 
 
 

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